Die meisten Betriebsräte wissen, dass sie ein Recht auf Schulungen haben. Wichtig sind jedoch die vielen Kleinigkeiten, auf die zu achten ist.
Der Schulungsanspruch nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist weitestgehend bekannt. Die Details hingegen kennen die wenigsten. Häufig resultieren daraus Fehlannahmen, die den Betriebsrat in der Ausübung seines Amtes eher einschränken. So ist es eine Fehlannahme, dass der Anspruch auf Schulungen auf drei Seminare pro Amtszeit begrenzt ist. Diese beruht darauf, dass es zwei unterschiedliche Schulungsansprüche gibt.
Damit Sie künftig keine Fehler bei diesem Thema machen, haben wir Ihnen die wichtigsten Informationen zum Schulungsanspruch nach § 37 Abs. 6 und Abs. 7 des BetrVG.
Begriff und Zweck des gesetzlichen Schulungsanspruchs
§ 37 Abs. 6 BetrVG ist entscheidend in der Praxis
§ 37 Abs. 6 BetrVG entlastet den Betriebsrat vollständig von den Kosten und Zweifeln einer Schulungsteilnahme. Demnach hat der Betriebsrat einen Anspruch auf Schulungen, die Kenntnisse vermitteln, die für seine Arbeit als Betriebsrat erforderlich sind.
Inhalt des Schulungsanpruchs
Ist die Schulung für die Betriebsratsarbeit gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlich, hat der Betriebsrat Anspruch auf:
- die Teilnahme an der Schulung
- die Freistellung von der Arbeit bei Fortzahlung des Lohns für die Dauer der Veranstaltung
- die Übernahme der Seminargebühr durch den Arbeitgeber
- die Übernahme der Unterkunfts- und Verpflegungskosten durch den Arbeitgeber
- die Erstattung der Fahrtkosten zum und vom Seminarort durch den Arbeitgeber
Tipp: Als Regelung für Teilzeitbeschäftigte gilt, dass eine Seminarwoche in der Regel als volle Arbeitswoche zählt. Teilzeitbeschäftigte Betriebsräte bauen demnach während des Seminars Überstunden auf. Diese müssen entweder durch Freizeitausgleich abgebaut oder durch Mehrarbeitsvergütung abgegolten werden.
Obergrenze: Regelmäßige Wochenarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten im Betrieb.
§ 37 Abs. 7 BetrVG hat wenig praktische Bedeutung
Nach § 37 Abs. 7 BetrVG hat jedes Betriebsratsmitglied während seiner regelmäßigen Amtszeit einen Anspruch auf bezahlte Freistellung für insgesamt drei Wochen, um an Betriebsratsschulungen teilzunehmen, unter der Voraussetzung, dass diese von der zuständigen obersten Arbeitsbehörde des Bundeslandes als geeignet anerkannt sind. Neu gewählte Betriebsratsmitglieder haben einen Anspruch auf vier Wochen Schulung, wenn sie nicht bereits Erfahrungen als Jugend- und Auszubildendenvertretung haben.
Achtung: Der "Haken" an diesem Schulungsanspruch ist, dass Betriebsräte bei Schulungen nach § 37 Abs. 7 BetrVG nur einen Anspruch auf bezahlte Freistellung haben. Die Kosten für Seminargebühren, die An- und Abreise sowie Übernachtungs- und Verpflegungskosten muss der Teilnehmer nach § 37 Abs. 7 BetrVG selber tragen.
Wesentlicher Unterschied zwischen Abs. 6 und Abs. 7 des § 37 BetrVG
§ 37 Abs. 6 BetrVG | § 37 Abs. 7 BetrVG |
Vermittlung von für die Betriebsratsarbeit erforderlichen Kenntnissen. Eine Anerkennung nach § 37 Abs. 7 BetrVG ist nicht notwendig. |
Vermittlung von für die Betriebsratsarbeit geeigneten Kenntnissen. Eine Anerkennung nach § 37 Abs. 7 BetrVG ist notwendig. |
Umfang: je nach Erforderlichkeit | Umfang: 3 Wochen |
Anspruch des Betriebsrats als Gremium | Anspruch des einzelnen Betriebsratsmitglieds |
Arbeitgeber muss die gesamten Kosten tragen, § 40 BetrVG | Arbeitgeber muss keine Kosten tragen |
Freistellungsanspruch nach dem Lohnausfallprinzip
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Freistellungsanspruch nach dem Lohnausfallprinzip |
Betriebsrat beschließt über: Veranstaltung, Inhalt, Teilnehmer, zeitliche Lage | Betriebsrat beschließt über: zeitliche Lage |
Schulungsanspruch des einzelnen Betriebsratsmitglieds
Eine Einschränkung des Schulungsanspruchs ist unzulässig
Der Fortbildungsanspruch des Betriebsrats ist zeitlich und anzahlmäßig unbegrenzt. Grundlage der Entscheidung für eine Schulung ist deren Erforderlichkeit infolge konkreter betrieblicher Anlässe. Ein guter Betriebsrat muss eine solide Grundlagenausbildung für alle Mitglieder sowie die Bearbeitung wichtiger Problemfelder im Rahmen der Aufgabenverteilung innerhalb des Gremiums gewährleisten. Die Begrenzung der Anzahl an Seminaren pro Betriebsrat pro Jahr ist daher unzulässig. Der Betriebsrat benötigt vor allem im Zuge der zunehmenden Komplexität der Arbeitswelt einen stets aktuellen und hohen Informationsstand (BAG, 11.7.1972, AP Nr. 1 1972). Auch gibt es keine Begrenzung der Anzahl der Teilnehmer eines Gremiums an einer Schulung. Die in den Seminaren vermittelten Kenntnisse können nicht durch "stille Post" weitergegeben, sondern müssen qualifiziert erworben werden. Auf ein Selbststudium der Materie braucht sich der Betriebsrat nicht verweisen lassen (BAG, 15.05.1986, DB, 2496).
Praxisfall
Lesen Sie nachfolgend die Entscheidungen eines Arbeitsgerichts in einem Streitfall zwischen einem Arbeitgeber und dem Betriebsrat der Firma.
In dem beschriebenen Fall weigert sich der Arbeitgeber, die Seminarkosten für seinen Betriebsrat zu übernehmen, der daraufhin seinen Arbeitgeber anklagt.