Schulungsanspruch
für den Betriebsrat

Auf welcher Grundlage können Sie vor Ihrem Arbeitgeber argumentieren und gibt es Einschränkungen, die z.B. vor der nächsten Betriebsratswahl zu beachten sind? Wir vergleichen Artikel 6 und 7 des §37 BetrVG und geben hilfreiche Tipps.

Schulungsanspruch für den Betriebsrat

Auf den Punkt gebracht!
Inhalt des § 37 Abs. 6 BetrVG

Wurde die Erforderlichkeit festgestellt hat der BR Anspruch auf:

  • die Teilnahme an der Schulung
  • die Freistellung von der Arbeit bei Fortzahlung des Lohns für die Dauer der Veranstaltung
  • die Übernahme der Seminargebühr durch den Arbeitgeber
  • die Übernahme der Unterkunfts- und Verpflegungskosten durch den Arbeitgeber
  • die Erstattung der Fahrtkosten zum und vom Seminarort durch den Arbeitgeber
  • Die Anrechnung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten

Tipp für Teilzeitbeschäftige: Hier gilt, dass eine Seminarwoche in der Regel als volle Arbeitswoche zählt. Teilzeitbeschäftigte Betriebsräte bauen demnach während des Seminars Überstunden auf. Diese müssen entweder durch Freizeitausgleich abgebaut oder durch Mehrarbeitsvergütung abgegolten werden.

§ 37 Abs. 6 BetrVG
Entscheidend in der Praxis

§ 37 Abs. 6 BetrVG entlastet den Betriebsrat vollständig von den Kosten und Zweifeln einer Schulungsteilnahme. Demnach hat der Betriebsrat einen Anspruch auf Schulungen, die Kenntnisse vermitteln, die für seine Arbeit als Betriebsrat erforderlich sind.

  • Vermittlung von für die Betriebsratsarbeit erforderlichen Kenntnissen. Eine Anerkennung nach § 37 Abs. 7 BetrVG ist nicht notwendig.
  • Umfang ist je nach Erforderlichkeit
  • Anspruch des Betriebsrats als Gremium
  • Arbeitgeber muss die gesamten Kosten tragen, § 40 BetrVG
  • Freistellungsanspruch nach dem Lohnausfallprinzip
  • Betriebsrat beschließt über: Veranstaltung, Inhalt, Teilnehmer & zeitlicher Lage

Zu viel des Guten
Gibt es Einschränkungen des Schulungsanspruchs?

Der Fortbildungsanspruch des Betriebsrats ist zeitlich und anzahlmäßig unbegrenzt.

Grundlage der Entscheidung für eine Schulung ist deren Erforderlichkeit infolge konkreter betrieblicher Anlässe. Ein guter Betriebsrat muss eine solide Grundlagenausbildung für alle Mitglieder sowie die Bearbeitung wichtiger Problemfelder im Rahmen der Aufgabenverteilung innerhalb des Gremiums gewährleisten. Die Begrenzung der Anzahl an Seminaren pro Betriebsrat pro Jahr ist daher unzulässig. Der Betriebsrat benötigt vor allem im Zuge der zunehmenden Komplexität der Arbeitswelt einen stets aktuellen und hohen Informationsstand (BAG, 11.7.1972, AP Nr. 1 1972). Auch gibt es keine Begrenzung der Anzahl der Teilnehmer eines Gremiums an einer Schulung. Die in den Seminaren vermittelten Kenntnisse können nicht durch "stille Post" weitergegeben, sondern müssen qualifiziert erworben werden. Auf ein Selbststudium der Materie braucht sich der Betriebsrat nicht verweisen lassen (BAG, 15.05.1986, DB, 2496).

Schulungsanspruch zum
Ende der Amtszeit

Grundsätzlich gilt: Seminare sind auch kurz vor der Betriebsratswahl erforderlich (BAG-Urteil vom 7. Mai 2008)

Warum braucht es gerade jetzt eine Fortbildung für den Betriebsrat?

  • Verantwortung gegenüber der Belegschaft
  • Gut informiert mit praktischen, systematischen Handlungsmöglichkeiten ist besser als "Nichtstun" oder "Aktionismus aus Angst"
  • Die Belegschaft braucht einen Betriebsrat, der in schwierigen Zeiten handelt, seine Beteiligungsrechte kennt und ausübt
  • Der Betriebsrat hat ein Recht auf Schulung - auch kurz vor der Wahl

Gibt es ein "Zu spät"?
Frist vor der BR-Wahl

Es gibt keine zeitliche Grenze! Insbesondere auch nicht für Grundlagen-Seminare.

Auf zeitliche Vorgaben hat das Bundesarbeitsgericht in seiner letzten Entscheidung komplett verzichtet (BAG vom 7. Mai 2008, 7 AZR 90/07). Betriebsräte haben grundsätzlich einen Anspruch auf Teilnahme an Schulungen, in denen Kenntnisse vermittelt werden, die für eine verantwortungsvolle und sachgerechte Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit notwendig sind. Entscheidend ist, dass die auf dem Seminar erworbenen Kenntnisse in der laufenden Wahlperiode noch benötigt werden. Kann ein Betriebsrat bei der Beschlussfassung nicht ausschließen, dass bis zum Ende seiner Amtszeit Beteiligungssachverhalte anfallen, für die entsprechendes Wissen notwendig ist, steht einer Schulungsteilnahme nichts im Weg.

Zitat des Bundesarbeitsgerichts:

„Soweit der Senat in der Vergangenheit eine besondere Darlegung der Erforderlichkeit bei der Vermittlung von Grundkenntnissen für notwendig gehalten hat, wenn die Schulungsveranstaltung erst kurz vor Ablauf der Amtszeit erfolgen soll (BAG 7.Juni 1989 -7ABR 26/88- BAGE 62, 74 = AP BetrVG 1972 §37 Nr.67 = EzA BetrVG 1972 §37 Nr. 98, zu BI2 der Gründe) , hält er hieran nicht mehr fest.

Eine solche Sichtweise trägt der Bedeutung der für die Betriebsratsarbeit notwendigen Grundkenntnisse und dem Beurteilungsspielraum des Betriebsrats bei der Beschlussfassung über die Teilnahme an einer Schulung i.S.d. §37 Abs.6 BetrVG, den der Senat in späteren Entscheidungen anerkannt hat (z.B. 15.Januar 1997 -7ABR 14/96- BAGE 85, 56 = AP BetrVG 1972 §37 Nr.118 = EzA BetrVG 1972 §37 Nr.133, zu B2 der Gründe), nicht ausreichend Rechnung.

Das durch die Grundschulungen vermittelte Wissen im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht und im Bereich der Arbeitssicherheit sowie der Unfallverhütung soll das Betriebsratsmitglied in die Lage versetzen, die sich aus dem Gesetz ergebenden Betriebsratsaufgaben sachgerecht wahrzunehmen.

Der Betriebsrat kann seine gesetzlichen Aufgaben nur erfüllen, wenn bei allen seinen Mitgliedern zumindest ein Mindestmaß an Wissen über die Rechte und Pflichten einer Arbeitnehmervertretung vorhanden ist.

Deshalb überwiegt regelmäßig das Interesse des Betriebsrats an der Vermittlung des erforderlichen Grundwissens das Interesse des Arbeitgebers an einer effizienten und kostengünstigen Betriebsführung. Außerdem unterliegt es wegen des dem Betriebsrats bei der Beschlussfassung nach §37 Abs. 6 BetrVG zustehenden Beurteilungsspielraums seiner Einschätzung, ob er die Vermittlung von Grundwissen für die Betriebsratsarbeit an ein erstmalig gewähltes Betriebsratsmitglied für erforderlich hält.

Der Beurteilungsspielraum des Betriebsrats ist erst überschritten, wenn für ihn absehbar ist, dass das zu schulende Betriebsratsmitglied in seiner verbleibenden Amtszeit das vermittelte Wissen nicht mehr benötigt. Dies setzt eine hinreichend sichere Einschätzung des Betriebsrats über die bis zum Ende der Amtszeit noch anfallenden Betriebsratsaufgaben voraus.

Kann der Betriebsrat Art und Umfang der beteiligungspflichtigen Angelegenheiten, die voraussichtlich bis zu dem Amtszeitende des zu schulenden Betriebsratsmitglieds anfallen werden, nicht beurteilen, kann er die Teilnahme eines erstmalig in den Betriebsrat gewählten Betriebsratsmitglieds - von Missbrauchsfällen abgesehen - als erforderlich i.S.d. §37 Abs. 6 BetrVG ansehen.“