Rechtsgutachten für
Live Webinare

Auf dieser Seite stellen wir Ihnen einen Auszug des Rechtsgutachtens von Prof. Dr. Peter Wedde vom 14. März 2015 vor: "Die kollektivrechtlichen Fragen des Angebots von Webinaren"

Schulungsanspruch für Webinare und andere E-Learning Produkte

Ihre Vorteile bei Webinaren:

  • Flexible, standortunabhängige Einwahl - vom Betriebsratsbüro oder von zu Hause
  • Keine Spesen
  • Keine Übernachtung
  • Keine Anreise

Es liegt im Ermessen des Betriebsratsgremiums, einem Webinar den Vorzug vor einem vergleichbaren Präsenzangebot zu geben, wenn das Webinar aus Sicht des Betriebsrats beispielsweise ein effizienteres und besseres Lernen ermöglicht. Auch stellt es für bestimmte Betriebsratsmitglieder – etwa bei Teilzeitbeschäftigten – die einzige Möglichkeit zur Teilnahme dar.

Jeder Betriebsrat hat einen gesetzlichen Schulungsanspruch, um sein Amt als Betriebsrat vor dem Arbeitgeber vertreten zu können. Damit Sie als Betriebsrat sicher gehen können, dass auch Webinare eine gültige Form der Weiterbildung darstellen, haben wir ein Rechtsgutachten zu kollektivrechtlichen Fragen eines Angebots von "Webinaren" für das W.A.F. Institut für Betriebsräte-Fortbildung AG von Prof. Dr. Wedde erstellen lassen.
Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Fragen und Antworten des Gutachtens:

Auszug des
Rechtsgutachtens von Prof. Dr. Peter Wedde

Sind die von W.A.F. angebotenen Webinare gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG als erforderlich zu qualifizieren?

"Das BetrVG beinhaltet keine zwingenden Vorgaben für die formale oder strukturelle Ausgestaltung von Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Maßgeblich ist nach dem Gesetzestext in § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG lediglich, dass die vermittelten Inhalte erforderlich für die Betriebsratsarbeit sind. Es spielt schon nach dem Gesetzestext insoweit keine entscheidende Rolle, ob entsprechende Inhalte in konventionellen "Gruppenseminaren", in Betriebsratskongressen oder in neuen Formen wie Webinaren vermittelt werden.
Im Rahmen dieser Bewertung ist zugunsten von Online-Angeboten zu berücksichtigen, dass die zeitliche Gesamtbelastung eines 90-minütigen Webinars erheblich geringer ist als die, die für die Teilnahme an einer halb- oder ganztägigen Schulungsveranstaltung gegeben ist. Hinzu kommt, dass für Online-Schulungen keine Reisekosten und Reisezeiten anfallen."

Pflicht des Arbeitgebers zur Kostentragung bei Webinaren

"Aus den Grundsätzen zur Kostenübernahme leitet sich für die hierzu bewertenden Kosten für Webinare ab, dass diese nach § 40 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 6 BetrVG vom Arbeitgeber zu erstatten sind, wenn (...) die hier zu bewertenden Online-Angebote nicht zu höheren Preisen angeboten werden als vergleichbare Präsenzseminare. Erst recht gilt dies, wenn Online-Angebote insgesamt günstiger sind.
Liegen die Preise auf einem vergleichbaren Niveau, können Betriebsräte bei der durchzuführenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit zugunsten von Online-Angeboten berücksichtigen, dass Reisekosten nicht anfallen, weil Seminare vom Arbeitsplatz aus oder an häuslichen Arbeitsplätzen durchgeführt werden.
Darüber hinaus sind notwendige Nebenkosten zu tragen, die etwa für die Zurverfügungstellung spezieller Technik anfallen, so lange sie erforderlich und verhältnismäßig sind.
Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Kostentragung für Webinare und Online-Formate besteht damit gemäß § 40 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 6 BetrVG, wenn diese inhaltlich als erforderlich zu qualifizieren sind."

Ist die Zeit des Webinars Arbeitszeit?

"Die Zeiten der Teilnahme an gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlichen Webinaren sind keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Die aufgewandten Zeiten sind Betriebsratsmitgliedern aber gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG wie Arbeitszeiten zu vergüten."

Besteht Anspruch auf Zeitausgleich bei Webinaren über die Arbeitszeit hinaus?

"Betriebsratsmitglieder haben für die Teilnahme an Webinaren einen Anspruch auf Zeitausgleich gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG, wenn diese aus betriebsbedingten Gründen außerhalb ihrer individuellen Arbeitszeiten durchgeführt wurden."

Wird für die Teilnahme an einem Webinar ein BR-Beschluss benötigt?

"Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine vorherige konkrete Beschlussfassung des Betriebsrats bezogen auf Webinare und andere Online-Angebote ebenso wie für konventionelle Veranstaltungen unumgänglich ist. Liegt sie nicht vor, besteht weder ein Anspruch der teilnehmenden Betriebsratsmitglieder auf Entgeltfortzahlung sowie Freistellung von ihrer beruflichen Tätigkeit noch eine Verpflichtung des Arbeitgebers, die anfallenden Kosten zu übernehmen."

Kann der Arbeitgeber Betriebsratsmitgliedern für die Durchführung von Webinaren einen bestimmten Arbeitsplatz vorgeben?

"Bezogen auf die hier zu bewertenden Webinare ist festzustellen, dass Arbeitgeber Betriebsratsmitgliedern für die Durchführung von erforderlichen Webinaren keinen bestimmten Arbeitsplatz vorgeben können. Ihnen steht es insoweit nach pflichtgemäßem Ermessen frei, einen Arbeitsplatz zu wählen, der für die Durchführung eines Webinars optimale Voraussetzungen bietet. Sie können dabei allerdings nur Arbeitsplätze benutzen, zu denen sie als Betriebsratsmitglieder Zugriffsrechte haben. Neben dem eigenen Arbeitsplatz kommt hierfür insbesondere das Büro des Betriebsrats in Betracht.
Etwas anderes kann nur gelten, wenn etwa technische oder datenschutzrechtliche Gründe vorliegen, die einer Durchführung von einem bestimmten Arbeitsplatz aus entgegenstehen. Ist dies der Fall, muss der Arbeitgeber Betriebsräten unter Beachtung von § 40 Abs. 2 BetrVG andere Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, die hierfür geeignet sind."

Für welche technischen Voraussetzungen hat der Arbeitgeber zu sorgen?

"Werden Webinare von Betriebsräten (...) als erforderlich und verhältnismäßig qualifiziert, müssen Arbeitgeber gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG in Verbindung mit § 37 Abs. 6 BetrVG die für die Durchführung technischen Voraussetzungen schaffen bzw. zur Verfügung stellen."

Unterliegt der Arbeitnehmer dem Direktionsrecht des Arbeitgebers bei Webinaren während der Arbeitszeit?

"Betriebsräte unterliegen während der Teilnahme an nach § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlichen Webinaren nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Die Teilnahmezeiten sind als Wahrnehmung ihres Ehrenamtes zu qualifizieren. Im Rahmen dieser Betriebsratstätigkeit bauen sie ihren erforderlichen Kenntnisstand aus."

Spielen technische Voraussetzungen zum Verfolgen des Webinars eine Rolle?

"Arbeitgeber sind verpflichtet, Betriebsräten den Zugang zu erforderlichen Webinaren durch entsprechende Konfiguration von Sicherheitssystemen wie insbesondere "Firewalls" technisch zu ermöglichen. Gleiches gilt für die Zurverfügungstellung notwendiger Übertragungskapazitäten.
Sind die entsprechenden technischen Maßnahmen bezogen auf alle Arbeitsplätze realisierbar, können Betriebsratsmitglieder, die an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen teilnehmen, nach eigenem Ermessen entscheiden, wo dies am besten geschieht. Stehen die entsprechenden technischen Möglichkeiten nur an bestimmten Arbeitsplätzen oder in bestimmten Räumen zur Verfügung und sind diese allgemein und ungestört nutzbar, können Betriebsräte unter Hinweis auf die Erforderlichkeit und unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit von Arbeitgebern ggf. darauf verwiesen werden, diese für Webinare zu nutzen. Stellen die Räume bzw. Arbeitsplätze einen betriebsüblichen Standard dar, steht das Nutzungsrecht Betriebsratsmitgliedern gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG zu. Ist der Zugriff auf die Internetseiten, auf denen die Webinare zur Verfügung gestellt werden, technisch blockiert, müssen Arbeitgeber diese Blockade bezogen auf erforderliche Schulungsangebote aufgeben, sofern dem nicht grundlegende Sicherheitsbedenken oder zwingende betriebsübliche Standards entgegenstehen. Gleiches gilt, wenn eine Erhöhung der Übertragungskapazitäten technisch möglich ist. Ist dies nicht der Fall oder kann die Freigabe der Seiten aufgrund allgemeiner Sicherheitsbedenken nicht erfolgen, beurteilt sich die Notwendigkeit der Schaffung alternativer Zugangsmöglichkeiten nach den Regeln in § 40 Abs. 2."

Durchführung von zu Hause: Hat der Arbeitgeber für eine entsprechende technische Ausstattung zu sorgen?

"Steht Arbeitnehmern grundsätzlich die Möglichkeit offen, einen Teil ihrer Arbeitsleistung als Telearbeit von zu Hause aus zu erbringen, steht diese Arbeitsform auch Betriebsratsmitgliedern für die ungestörte Durchführung von Webinaren zur Verfügung. Hieraus folgt, dass der Arbeitgeber das notwendige technische Equipment zur Verfügung stellen muss."